Experten in Sorge um Zukunft der Heime und Pflegedienste

Experten in Sorge um Zukunft der Heime und Pflegedienste

Berlin – Wer selbst Pflege braucht oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmert, muss sich offenbar Sorgen machen. Denn die Zukunft der Heime und der ambulanten Pflegedienste sei immer stärker in Gefahr, erklärten mehrere Fachleute am Wochenende.

Immer mehr Pflegedienste geraten angesichts steigender Kosten und fehlenden Personals in Finanznot. Das ergab eine Umfrage des Bundesverbanes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) unter 2.427 ambulanten Pflegediensten, Heimen und Tagespflegen, über die Bild am Sonntag (BamS) berichtete.

77 Prozent gaben demnach an, in den vergangenen drei Monaten „signifikante negative Veränderungen“ ihres Betriebsergebnisses festgestellt zu haben. 68 Prozent gaben an, dass ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sei. bpa-Präsident Bernd Meurer sagte der Zeitung: „Hier bahnt sich eine Katastrophe für die Gesellschaft an.“

Meurer warnte auch vor schweren Folgen für den Arbeitsmarkt: „Wer für die pflegebedürftige Mutter keinen Pflegedienst oder Heimplatz findet, kann selber morgen nicht zur Frühschicht erscheinen.“ Die Gründe für die finanziellen Engpässe sind laut Bericht neben den steigenden Preisen und der Tariftreueregelung auch Erlös­einbrüche wegen Personalmangels.

In der stationären Pflege sehe es nicht viel besser aus, sagte Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberver­bands Pflege (AGVP), der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Wir erleben, dass eine steigende Zahl von Heim­­betreibern in existenzielle Nöte gerät. Wenn das so weiterläuft, dann rauscht die Altenpflege in Deutschland in eine Versorgungskatastrophe.“

Auch Maria Loheide aus dem Vorstand der Diakonie sagte der Zeitung, sie sehe die Altenpflege auf dem Weg in eine „prekäre Situation“. Wer ambulante Pflege suche, müsse schon heute oft 15 bis 20 Dienste anfragen, um wenigstens eine Zusage zu erhalten. Und der nächste freie Heimplatz sei zuweilen 150 Kilometer entfernt: „Wir bräuchten deshalb eigentlich einen Ausbau an Pflegeplätzen, keinen Abbau.“

In vielen Regionen stünden aber Heime vor der Schließung, so die Fachleute weiter. Steigende Energie-, Sach- und Personalkosten würden längst nicht komplett von Kassen oder Kommunen übernommen, könnten aber auch nicht komplett auf die Bewohner umgelegt werden. Außerdem werde es immer schwieriger, Personal zu finden.

Hinzu komme, dass die Pflegesätze traditionell auf Basis einer Auslastungsquote von etwa 95 Prozent kalku­liert würden, fügte Verbandspräsident Greiner hinzu. Könnten Heime also mehr als 5 Prozent ihrer Plätze nicht belegen, rutschten sie fast schon automatisch in die Verlustzone.

Die tatsächliche Auslastungsquote sei seit der Coronapandemie aber auf rund 82 Prozent gesunken, wie eine Erhebung unter den AGVP-Mitgliedsfirmen zeige. Bei den geplanten Reformen, so Greiner weiter, müsse Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diese Probleme der Heimbetreiber stärker als bisher berücksichtigen. © kna/aerzteblatt.de